Geburt, Hochzeit, Sterben

Alle wichtigen Ereignisse im Leben eines Menschen sind seit unvordenklichen Zeiten von vielerlei Sitten und Gebräuchen umrankt. Zwischen die Feste des Kirchenjahres schieben sich die Geburt, eine Hochzeit, oder der Tod. Diese Ereignisse werden nach altem Brauch begangen und gefeiert. Einen besonderen Platz nimmt seit Altersher die Geburt eines neuen Erdenbürgers ein. Eine Geburt ist für die Familie und die ganze Anverwandtschaft ein freudiges Ereignis. Sie verändert den gewohnten Lebenslauf und erweckt viele positive Erwartungen und Wünsche. Das Neugeborene darf von keinem Fremden gesehen werden, bevor es nicht getauft ist. Nachts muß in der Wochenstube eine Kerze brennen, und das Kind läßt man niemals allein. Der Gedanke an böse Geister oder Menschen mit bösem Blick, die dem unbewachten Kind Schaden zufügen, liegt wie ein Alpdruck auf dem Gemüt der Eltern. Ein Amulett mit christlichen Symbolen aber gibt dein Kleinen sichere Hut. Allenthalben erhält die Wöchnerin nach der Taufe Besuch von Verwandten, Bekannten, Freunden, Nachbarinnen, und alle bringen sie kleine Geschenke zur Kräftigung der jungen Mutter mit. Wer die Wochenstube betritt, sucht sofort nach Weihwasser, und bekreuzigt das Neugeborene auf Stirn, Mund, und Brust. Erst nach der Taufe darf die Mutter das Haus verlassen, und ihr erster Weg führt sie gemeinsam mit dem Kinde zur Kirche. Gevatternschaft bei der Taufe ist Christenpflicht. Die Wahl des Paten, und genau so die Namensgebung für das Kind, werden wohl bedacht, und beschäftigen die Eltern lange vor der Geburt. Die erwählten Paten nehmen ihr Amt mit Stolz und Würde an, und steuern eine ansehnliche Patengabe bei. Eine Kindstauf ist in jeder Familie Anlaß zu einem Kindsmahl mit einem festlichen Braten, das im Grad der Begüterung seiner Elfern seinen Rahmen hat. Es wird im Geburtshaus, seltener im Gasthaus eingenommen. Vater, Geschwister, Taufpate oder Patin, Hebamme und Pfarrherr, feiern den jungen Erdenbürger und daneben auch seine Mutter. Die Vaterfreuden, die aus einer christkatholischen Hochzeit entsprießen, eine eheliche Geburt also; machen den Vater stolz und selbstbewußt. Am großartigsten ist natürlich die erste Kindstauf, die sich so gewiß einstellt, wie das Amen in der Kirche. Die Brautwerbung auf dem Lande war früher eine Angelegenheit, die sich in einem genau festgelegten Ritual abspielte. Wir entnehmen darüber Einzelheiten aus der "Bavaria", einem vor mehr als hundert Jahren geschriebenen Sammelwerk der Landes- und Volkskunde des Königreiches Bayern. Es heißt dort, daß genau wie beim Adel, auch beim Bauern, die Heirat zum großen Teil ein conventaineller Act ist", bei dem die persönliche Neigung in den Hintergrund tritt, und dem materiellen Besitze der entscheidende Wert zukommt. Wenn dem Burschen ein "passender Heiratsgegenstand" verraten wird, so ist es der Eltern und des Hochzeiters erste Sorge, einen Freund, Vettern oder Schmuser zu werben, welcher die ersten Annäherungsversuche bei den Eltern des betreffenden Mädchens anzustellen hat. Sind diese zur Zufriedenheit ausgefallen, so wird der Tag der "Oschau" (Anschau) bestimmt. Diese Oschau, die die Brauteltern und die Braut selbst in Haus und Hof, Stall und Feldflur des Brautwerbers gewöhnlich an einem Sonntage vornehmen, gehört noch zu den einleitenden Handlungen. Sie ist von einem bescheidenen Imbiß begleitet. Wird alles nach Wunsch befunden, so kann der Tag zum "Heiratausmachen" d. h. zur genauen Festlegung der Mitgift vereinbart werden. Diese Aussprache, die in der Hauptsache die beiden Brautelternteile führen, findet im Hause der Braut statt. Wird das angebotene "Heiratsgut" (Mitgift) von den Eltern des Bräutigams anerkannt, so steht einer Heirat nichts mehr im Wege, und der Hochzeitstag kann festgesetzt werden. Je nach Hofgröße wechseln hier auch einmal ein Roß, zwei Kühe mit Kälbern und weiteres Hornvieh, sowie statt einem Tausender gleich mehrere tausend Gulden von einem Hof zum anderen. Die Bauernhochzeiten finden meistens am Dienstag oder Mittwoch statt. Lange schon liegt der Brauch zurück, daß Hochzeitslader und Bräutigam festlich aufgeputzt und hoch zu Roß ihre Einladung von Hof zu Hof gemeinsam aussprechen. In neuerer Zeit kommt der Hochzeitslader allein. Ein wichtiges Requisit ist sein Stecken mit farbigen Bändern. Nach altem Brauch bedeutet weiß, die Braut ist noch unschuldig, blau, sie will ihrem Mann treu sein, grün, sie sehnt sich nach einem Kind, und rot, sie will ihn lieben. ln die Bauernstuben eintretend und von neugierigen Gaffern umgeben, reimt der Hochzeitslader mit erhobenem Bänderstock:

          Der Hochzeitslader wohl bekannt,
          bin ich, vom Brautpaar ausgesandt.
          Ich geh durch Feld und geh durch Wald
          mich grüßet jung und grüßet alt.
          Ich hab nicht Ruh und hab nicht Rast,
          ich such mir meinen Hochzeitsgast,
          ich tret im Bandschmuck ins Haus,
          und zeichne an die Tür den Strauß.
          Geladen ist, wer kommen mag,
          Herr, Frau, Bub, Deandl zum Ehrentag.
          Und wird auch hier einst Hochzeit sein,
          Das Brautpaar findt sich pünktlich ein.
          Drum machen wir uns freudig gfaßt,
          auf einen sichern Hochzeitsgast.

Anschließend malt der Hochzeitslader mit weißer Kreide einen fast einen Meter großen Hochzeitsstraußen an die Stubentüre, nennt die Brautleute mit Namen, Stand und Wohnort gibt den Tag der Hochzeit, den Wirt, der die Hochzeit ausrichtet und die Höhe des Mahlgeldes bekannt, das um die Jahrhundertwende drei Mark betrug. Fallen nach dem Advent und in der Fastenzeit viele Hochzeiten an, so ist die große Stubentür im Bauernhaus oft mit drei oder vier Sträußen zugleich bemalt. Kann der Hochzeitslader dem Brautpaar eine recht lange Liste von festen Gästen vermelden, so ist eine richtige Bauernhochzeit gesichert. Die Aussteuer der Braut beschäftigt nun in deren Elternhaus viele Hände. Die Näherin kommt wochenlang auf die "Stör" und der Schreiner verdient ein schönes Stück Geld an den Möbelstücken für den neuen Hausstand. Am Tage vor der Hochzeit bringt der hochbeladene Kammerwagen die Aussteuer ins neue Heim des jungen Paares. Die Braut steht am hinteren Ende auf dem Kammerwagen und läßt sich mit ihrer reichen Aussteuer vom Volke bestaunen. Hinten nach werden die Tiere getrieben, die beim Heiratsausmachen ausgehandelt worden und Teil des Heiratsgutes sind. Im neuen Heim besichtigen dann die weiblichen Gäste am Nachmittag des Hochzeitstages die zur Schau gestellten Herrlichkeiten in Kasten und Schuhladen auf das genaueste und fällen ihr Urteil, das nicht immer positiv ausfällt. Schon immer liebte man es, vor Verwandten, Bekannten und Nachbarn anzugehen, und auch das biedere Landvolk macht hierin keine Ausnahme. Vor allem die Hochzeiten boten ausgezeichnete Gelegenheit, nicht nur den wirklichen eigenen Wohlstand zur Schau zu stellen, sondern einiges mehr an Hof und Gut vorzuspiegeln, als man wirklich hat. Wenn die Aussteuer der Braut auf dem prunkvoll geladenen Kammerwagen vier- oder sechsspännig in das Haus des Bräutigams überführt wurde, war gelegentlich auch manches aufgeladen, was der Braut gar nicht gehörte, sondern nur für die Schaustellung entlehnt war. Vor allem in den Kästen und Schränken steckte manche Leihgabe. Wenn nach Ankunft des Kammerwagens der Pfarrherr über diesen ganzen Reichtum und Vorrat seinen Segen sprach (die benedicte thori et thalmani), so mußten die Kommoden und Truhen offenstehen, und das vor den Adleraugen der Nachbarinnen. Da entlehente eben, so heißt es in einem alten Bericht, manche minder ausgesteuerte Braut von ihren Freundinnen aus der Heimat für die Hochzeit die Vorräte an Tuch oder Leinwatld; welche dann, wenn sie die Augen der Nachbarinnen geblendet hatten, allmählich wieder verschwanden. Manches schöne Tuch und Wams hat auf diese Weise viele Hochzeiten mitmachen und dabei prunken dürren, bis es dann endlich zum Auftragen kam. Am Hochzeitstage bläst und trompetet es schon in aller Herrgottsfrühe durch das ganze Dorf. Die Musikanten unter Anführung von Hochzeitslader und Brautführer holen die Kranzljungfrau, meist eine Freundin der Braut, und die Ehrenmutter ein. Dann fährt die Gruppe in ihren pferdebespannten Kutschen vor das Haus der Braut. Diese nimmt tränenreichen Abschied vom Elternhause, besonders von der Mutter, die nach alter Sitte unter keinen Umständen an der Hochzeit der Tochter teilnehmen darf, wenn sie ihr nicht Unglück bringen will. Eine ältere Verwandte übernimmt an ihrer Stelle für den Hochzeitstag die Rolle der Ehrenmutter. Der Hochzeitslader nimmt an Stelle der Braut das Wort, dankt in ihrem Namen den Eltern für alle Liebe und Fürsorge, und bittet um Verzeihung für alle begangenen Verstöße gegen den kindlichen Gehorsam. Der Brautführer umrahmt die Abschiedszeremonie mit lustigen oder traurigen Gstanzln, so wie es die Situation erfordert. Dann steigt alles in die Kutschen, die Musikanten blasen lustig und der Zug rollt dahin his zum Hause des Bräutigams. Als auch er eingestiegen ist, begleitet feierliches Glockengeläute die Fahrt zum Kirchplatz. Dort formiert sich der Kirchenzug, und die Töne von Musik und Kirchenglocken locken das ganze Dorf, voraus die Weiblichkeit, in Scharen an. Schulkinder und junge Leute spannen ein Seil über die Straße des Hochzeitszuges, und der Bräutigam kauft sich mit einer Hand voll Fünferl und Zehnerl, die er unter die Menge wirft, von der Sperre frei. In der Kirche tun Chor und Orgel ihr Bestes, die Basen von Braut und Bräutigam schluchzen vor Rührung, wenn der Geistliche das Paar zusammengibt, und alles paßt genau auf (ob die beiden Brautleute auch laut und kräftig genug "ja" sagen auf alle Fragen des Pfarrherrn. Wenn die heilige Handlung vorüber ist, und alles aus der Kirche strömt, gibt es eine Stockung an der Kirchentüre. Die Ministranten haben von einem Türpfosten zum anderen eine Kordel gespannt und lassen das Brautpaar nicht heraus, bis sich der Bräutigam auch hier mit mehreren größeren Münzen loskauft. Dann freilich ist die Bahn frei für das Brautpaar und die Buben und Mädchen balgen sich um den größten Gewinn, denn der Bräutigam und auch verschiedene Gäste aus der Verwandtschaft werfen immer noch Fünferl und Zehnerl über die Köpfe hinweg. Ist von den Eltern des Brautpaares schon jemand verstorben, so gehen alle Hochzeitsgäste an das Grab. Der Hochzeitslader hält eine rührende Ansprache, der Brautführer singt ein trauriges Lied, die Musik spielt das gemütvolle Lied von der "Elternliebe", und reichliche Tränen fließen. Dann gibt jeder den Weihbrunn auf das Grab, wischt sich entschlossen die Augen aus, die Musikanten setzen sich an die Spitze des Zuges, und mit lustigem Tschimbum und Trara geht es zum Wirtshaus. Dort schmücken Fichten bäume den Eingang, der Saal ist festlich geziert, und aus der Küche dringen verlockende Düfte. Der Hochzeitslader weist jedem Gast seinen Platz an der Tafel nach Rang, Würde und Verwandtschaftsgrad. Beim Wirtshaus angekommen, teilt sich die Musik in zwei Gruppen. Eine Hälfte geht in den Hochzeitssaal, die andere nimmt Positur vor dem Wirtshaus, um die mit pferdebespannten Hochzeitskutschen ankommenden geladenen Gäste musikalisch willkommen zu heißen, und in das Wirtshaus zu geleiten. Die Musik im Saale spielt derweil zum Hungertanze, entweder, weil man schon Hunger hat nach den aufregenden Zeremonien, oder weil man sich Appetit machen will für die kommenden Genüsse. Bald ist es auch so weit. Der Wirt betet das Tischgebet vor, man setzt sich, und nun wird in dampfenden Schüsseln Gang um Gang aufgetragen. Die Musikanten spielen dazu, und wenn die Schmauserei im besten Gange ist, geht ein Spielmann mit einem Teller reihum, und sammelt von jedem Gast für das "übern Tisch spuin" klingende Münze. Wer mir seinen Essenportionen nicht fertig wird, bringt den Rest als "Bschoad" (Bescheid) in eine Serviette eingebunden den Angehörigen mit nach Hause. So eine Bauernhochzeit hat es in sich. Noch in den zwanziger und dreißiger Jahren reichte der Wirt zu Mittag fünf Gänge mit Suppe und Würstl, Voressen (Lüngerl), Schweinebraten mit Knödel und Salaten, Kalbsbraten mit Pürree, und zum Abschluß Kaffee mit Torte. Abends wurde dann der Magen nochmals mit drei Gängen strapaziert, nämlich Leberknödelsuppe, Rinderbraten. Nachspeise. Vom Trinken soll erst gar nicht geredet werden. Für den Wirt zahlt sich so eine Bauernhochzeit allemal aus. Der in einer Gastwirtschaft aufgefundene Küchen- zettel für eine Bauernhochzeit im Jahre 1795 zeigt, daß früher noch viel ärger geschlemmt wurde. Zu Mittag wurden sechzehn Gänge folgender Wahl aufgetischt:

          1. Suppe mit Leberknödel
          2. Enten- oder Gänsejung
          3. Spanferkel und Senf
          4. Rindfleisch mit Kohlrabi und Kraut
          5. Kalbsschlegel mit Zutaten
          6. Fisch mit Kopfsalat
          7. Pastete mit Eingemachtem gefüllt
          8. Gans mit gedämpften Äpfeln
          9. Rotwild und aufbrennts Muaß
          10. Gebratene Hendl und Krapfen
          11. Gebratene Ente mit Kopfsalat
          12. Hasenbraten und Ochsenorgl
          13. Gebratene Hendl und Zuckertrauben
          14. Abgesottene Hendl und Krebse
          15. Geselchter Schinken
          16. Brottorte und Polypen,
          Ende der Mahlzeit.

Nach dem Essen geht das lustige Tanzen gleich wiederlos. Kommandant im Saale ist der Brautführer, der mit seinen lustigen Gstanzln die Alten und die Jungen erfreut, und in seinem Amte ein schönes Stück Geld los wird, wenn er die Musik immer wieder zum Spielen antreibt. Er bekommt dafür allerdings vom Bräutigam als Veranstalter einen schönen Batzen Honorar. Von ihm erhält er auch ein Paar neue Schuhe, von der Kranzljungfrau ein neues Hemd, die Schmuckbänder um seinen Arm, und eine Krawatte. Die Kranzljungfrau ihrerseits bekommt vom Bräutigam ebenfalls ein paar Schuhe. Am Schlusse des Hochzeitsmahles kommt die Köchin in den Hochzeitssaal, den rechten Arm dick verbunden. Gerade mit diesem verbundenen Arm hält sie einen Schöpflöffel über jeden Tisch, und sammelt für die ""verbrannte Köchin" Schmerzensgeld. So eine Hochzeit lief schon ins Geld, und daher wurde ja auch in den Familien eine große Beratung darüber angestellt, ob man dem Brautpaar das Hochzeitgehen überhaupt schuldig sei. Paßt der Hochzeiter nicht auf wie ein Luchs, stehlen ihm seine Freunde und Kumpane im Laufe des Nachmittags die Braut, und entführen sie in ein Lokal außerhalb des Dorfes, wo dann fröhlich gezecht, gesungen und allerlei Schabernack getrieben wird. Getrunken wird dabei vorwiegend Sekt und Likör, alles gratis, denn Landesbrauch und Sitte fordern, daß der Bräutigam alle Zechschuld alleine zahlt, bis er seine Braut wieder gefunden hat. Da gibt es natürlich des öfteren saftige Rechnungen. Meist aber finden sich helfende Freunde, die dem Bräutigam den Aufenthaltsort der Braut verraten und diese mitsamt der Entführergesellschaft dann sehr rasch aufgestöbert werden kann. Gegen 18 Uhr wird zu Abend gegessen. Danach kommt die Hauptsache der weltlichen Feier, das "Danken". Der Hochzeitslader hält eine kleine Ansprache und bringt auf Braut und Bräutigam ein "Vivat" aus. Dann dankt er im Namen des Brautpaares dem Pfarrer, der am Morgen die Trauung vollzogen hat. Hernach kommen die Eltern an die Reihe. Ist eines von ihnen verstorben, so gibt es bei den rührenden Worten wieder Tränen und ein Trauerstück der Musikanten. Nun kommen Brautführer, Kranzljungfrau und Ehrenmutter mit dem Danken an die Reihe und geben dazu ihre Geschenke ab, darauf alle nähere Verwandtschaft, dann die Vettern und Basln, die Paten und Gevattern, und hinterher, streng geordnet nach ihrem Rang, die übrigen Hochzeitsgäste. Das Brautpaar sitzt dabei am Ehrentisch, vor ihm steht eine weiße Schüssel, in die der durch den Hochzeitslader aufgerufene Gast sein in einem verschlossenen Umschlag verwahrtes Geldgeschenk legt. Außen ist der Name des Gastes aufgeschrieben. Das Brautpaar drückt jedem Gast dankend die Hand und dieser trinkt aus dem von der Hochzeiterin gereichten Weinglas. Der Brautführer singt beim Danken allen Gästen ein lustiges Schnadahüpfl oder Gstanzl, bringt damit die Jungfrau zum Erröten und fordert die Burschen zum Gegensingen heraus. So entspinnt sich ein fröhlicher Sängerkrieg, der großes beifälliges Gelächter auslöst. Sogar Frauen und Mädchen warten gelegentlich mit einem Gstanzl auf. Daß dabei nicht besonders zarte Töne angeschlagen werden, entspricht der derben Art der Menschen vom Woid. Eine kleine Auslese lustiger und frivoler Gstanzl, wie sie auf Bauernhochzeiten gang und gäbe sind, folgt nachstehend:

          Ja unsa Hochzeiterin is schö
          und recht tüchti und gscheid
          so muas da Hochzeita afschaun
          af dö fremdn Mannaleid.

          Ja unsa Kranzljunfrau ist nett
          und schö schlank wia a Fee
          und wenn ihr Herzal no frei war
          nacha dad i glei mir ihr göh.

          Ja da Sepp und sei Oide
          de hoitn fest zam
          sie haun olle Wocha amoi
          s' ganz Kuchlgschirr zamm.

          An Hans sei Deandl is kropfat
          und er hot koane Hoor
          wenn de zwoa amoi heiratn
          dös wird a schöns Paar.

          Zum Schiaßn brauchst a Puiva
          und für d`Schuh brauchts a Wichs
          fürn Durst gibst a Wassa
          oba für Dummheit gibst nix.

          Ja unsan Hochzeita sei Hof
          und se Viehstand san z' lobn
          iaiz fehlt nur no da Kindasegn
          d'Wiagn steht scho omad am Bodn.

          An Mich sei Häusl is nöt grouß
          und er ist nöt kloa
          außa an Burgammosta und an Lehra
          is er da Gscheida von da Gmoa.

          Ja vo do hint is a viera
          wo d'Zwanzga wern gschlogn
          oba er konn hoit beim Deifi
          nöt Zwanzga gnua hom.

          Mir Bayern san koane Raudi
          und unsa Volksmusi is koa Gaudi
          unsa Wesn is nöt gschert
          mia san Leit - wia a ses ghert.

          So und iatz muaß i afhern
          sonst dauats nomoi a Stund
          du hint wernds scho granti
          Pfüat Eich God - und bleibts gsund.

Bei einer großen Hochzeit mit vielen Gästen kommt oft die Mittenacht, bis der letzte zum Danken aufgerufen wird. Der InhaIt der Schüssel, das Dankesgut, wird in eine Serviette verpackt und die junge Frau nimmt es in Verwahrung. Dann blasen die Musikanten den Brauttanz. Der Brautführer tritt in die Mitte des Saales und tanzt mit der Braut, danach mit der Kranzljungfrau. Hierauf kommt der Hochzeiter dran, der zuerst mit der Kranzljungfrau und dann mit der Braut tanzt. Damit ist der Auftakt zum allgemeinen Tanz gegeben. Das Brautpaar empfiehlt sich alsbald, denn es ist spät geworden. Nach und nach verschwinden auch die Gäste. Die Musikanten teilen sich und die eine Hälfte spielt die Gäste hinaus, was nochmals einen schönen Batzen Geld bringt. Die mit viel Romantik verbrämte Hochzeitsnacht wird nicht immer zu einer Nacht voller Freude und Liebe. Sie schlägt oft in ihr Gegenteil um. Die lieben Freunde haben sich einen Schlüssel zum Schlafzimmer der Brautleute besorgt und dort allerlei Unfug angerichtet. Entweder haben sie die neuen weichen Betten in eine nebenanliegende Kammer gesperrt und den Schlüssel mitgenommen, sodaß das Hochzeitspaar vor leeren Bettstellen steht, oder es sind Ober- und Unterbett so ineinander verknüpft und vernäht, daß diese ohne Federn zu lassen nicht voneinander getrennt werden können. Im Hofe ist ein Kichern zu hören, denn die Ratlosigkeit im Schlafgemach bleibt ja den lieben Freunden nicht verborgen. Für die vom langen Feiern ermüdeten Brautleute ist die Hochzeitsnacht auf die Weise schon oft zum schwierigsten Teil des ganzen Festes geworden. Am Tage nach der Hochzeit zählt das junge Paar das aus den Geschenken eingenommene Geld und läßt sich in der Öffentlichkeit nicht sehen. In der Verwandtschaft und Nachbarschaft gibt es großes Rätselraten, ob es eine gute Hochzeit gewesen sei, wobei mit der guten Hochzeit das Schenken gemeint ist. Am ersten Sonntag nach der Hochzeit gibt es bei den Eltern der Braut die "Glückssuppn", bei der den jungen Eheleuten gut aufgekocht wird und das Bierfaß nicht leer werden darf. Die näheren Anverwandten sind mit dabei. Mit der Glückssuppe sind die Hochzeitsfeierlichkeiten zu Ende und der Alltag beginnt. Daß das Brautpaar, die Brauteltern und die ganze übrige nähere und weitere Verwandtschaft einige Wochen vor und nach der Hochzeit in aller Munde sind, versteht sich von selbst. Die Tratschtanten wollen in jedem Falle ihr Teil an der Hochzeit haben. Es sind nicht immer liebliche Töne, die da angeschlagen werden. Unrühmliches wird neu aufgetischt, gute Taten aber sind schnell vergessen. Das Kranksein geht oft mit dem Sterben aus. Ein Erbe an Haus und Hof, ein gestandener Bauer also, und auch seine Bäuerin, verlangen in Bayern eine mindestens dreispännige Leich, das ist ein Requiem mit zwei Beimessen. Daneben gibt es auch noch die zwei- oder einspännige Leich - je nach dem Grad des Reichtums und Ansehens des Verblichenen. Die ganz Großen fahren gleich sechsspännig. Eine Totenfeier umfaßt dann das Requiem, ein zusätzliches hl. Seelenamt und vier Beimessen. Mit der Beerdigung dauert eine solche Leich gleich gar mehr als drei Stunden. Zeremonienmeister bei einer Leich ist das Totenweib oder die Leichenfrau. Im schwarzen Klagegewand kommt sie ins Trauerhaus und bahrt den Leichnam auf den leinenüberzogenen Leichenbrettern auf, die auf das Bettgestell des Sterbebettes aufgelegt werden. Ist der Tote aufgebahrt, gibt ihm das Totenweib das Sterbekreuz und einen Rosenkranz in die gefalteten Hände. Erst bei der Aussegnung legt man den Toten in den Sarg, der um 1750 in Gebrauch kam. Vorher legte man die Verblichenen in Linnen gehüllt ins Grab. Dem Totenweib obliegt auch das Amt der Leichenbitterin bei allen Verwandten, Nachbarn und Bekannten in der näheren und weiteren Umgebung. Sie tut dabei kund und zu wissen:  "d'Huababäuerin z'Straßkircha laßt bittn sein Mo in d'Leicht am Irta (Dienstag) um neine vom Haus aus". Für diese Nachricht erhält die Leichenbitterin ein Stück Brot, ein Ei, einen Schöpflöffl voll Michl oder ein Zehnerl. Meist fragen die zur Beerdigung Gebetenen noch nach den näheren Umständen des Todes und mit pflichtschuldiger, sprichwörtlich gewordener Leichenbittermiene gibt das Totenweiblein Auskunft. In Notzeiten bildete das Leichenbitten eine ganz passable zusätzliche Einnahme, die gelegentlich auch Nichtbefugte veranlaßt, ein altes Leut sterben lassen. um dann in die Nachbardörfer zum Leichenbitten zu gehen. Jeden Abend, solang die Leich über der Erde liegt, sammeln sich im Trauerhause die Nachbarn zum "Wachten". Sie beten bei dem Verstorbenen und werden mit Brot und Schnaps bewirtet. Seit der Einrichtung von Leichenhäusern ist das Wachten außer Brauch gekommen. Die Toten werden alsbald in das Leichenhaus übergeführt. Beim früheren Wachten geschah es oftmals, daß das Beten nur Nebensache war, und dafür dem Toten zu Ehren ein fröhliches Gelage anhub. Die Räusche waren dabei weitgrößer als die Trauer. Am Leichtag holen Geistlichkeit und Trauergäste die Leiche vom Trauerhause ab, wobei bereits die ganze Verwandtschaft versammelt ist, und geleiten sie betend zum Friedhof. Beim Opfergang zeigt sich die Menge der Leidtragenden am deutlichsten. Der Kreuzlbub voran, die Söhne des Toten hinterher und anschließend die ganze männliche Verwandtschaft, Nachbarschaft, dann die Sargträger und zum Schlusse die übrigen männlichen Trauergäste ziehen zur Kommunionbank, werfen in die am Speisegitter links und rechts aufgestellten Teller ihre Einpfennig und Zweipfennigstücke, manchmal auch ein Fünferl oder Zehnerl und nehmen von der Totenfrau das Sterbebild entgegen. In der gleichen Ordnung folgen im Anschluß an die Männer die weiblichen Trauergäste. Jeder der Opfergeher rückt sich bei seinem Gang in das rechte Licht, um ja gesehen zu werden. Die Hinterbliebenen passen genau auf, wer so dem Toten die letzte Ehre erweist. Manche Familien führen darüber sogar Buch. Wenn ein Haus nicht vertreten ist, geht man ihm eben auch nicht auf die Leich. Sind die kirchlichen Zeremonien vorüber, so trifft sich die "Froidschaft" das sind die nächsten Verwandten und Bekannten, im Gasthaus, wo das Leichenmahl eingenommen wird. Der Totentrunk ist ein uralter Brauch und geht auf heidnische Zeiten zurück. Bei den Germanen wurde die Bestattung der Toten mit einem festlichen Mahl gefeiert. Ein Recht der alten Sitte ist es daher, wenn nach dem Begräbnis die Verwandten und Nachbarn im Wirtshaus zum gemeinsamen Trunk und Mahl zusammenkommen, und des Verstorbenen gute und schlechte Seiten in einem besinnlich-deftigen Diskurs noch einmal beleuchten. Nicht selten wird da aus einer ernsten Trauergemeinde eine fröhliche Gesellschaft, und manch einer trägt ein fideles Räuscherl heim zu seiner Eheliebsten. Dem Dahingegangenen aber widmet der fröhliche Zecher beim Einschlafen noch ein kerniges "Tresten God in da Ewichkeit". Manche schöne Sitte ist heute vergessen und mancher alte Brauch dem Zeitgeist zum Opfer gefallen. Die Zeiten ändern sich und mit ihnen die Menschen. Was bleibt ist die Erinnerung.