Die alte Bauernwelt

Zu Ur- und Großvaterszeiten war das Arbeitsjahr des Bauern bestimmt härter und mühsamer gewesen als heKornschneidenute. Mit dem Schlepper und den dazu passenden Maschinen begann für die Landwirtschaft eine wesentliche Umgestaltung. Arbeiten die sich früher Wochen und Monate hinzogen, benötigen nur mehr wenige Tage. Kein anderes Arbeitsgebiet in der Landwirtschaft unserer Heimat ist durch die Technisierung so verändert worden wie die sogenannte "Getreidekette" vom Schnitt bis zum Ausdrusch. An die Zeiten, wo das Troad [Getreide) - vor allem das Korn (Roggen) - mit Sichl geschnitten und in Büscheln lose auf die ca. kniehohen "Haim" (= Halme) ausgelegt und dann später "aafgsamt" (= aufgesammelt) und zu Garben gebunden wurde, können sich nur mehr wenige erinnern. Zum "Aafsama" benutze man einen Holzstab aus Apfel-, Birn- oder ZwetscBinogl (=Bindenagl)hgenbaumholz) von ungefähr 45 Zentimeter Länge, der vorne zugespitzt war, den sogenannten "Binogl" Damit fuhr man unter die Ähren, hob sie auf, sammelte sie im linken Arm und band sie schließlich, wenn genug aufgesammelt war, zu einer Garbe zusammen. Um beim Garbe binden einen festen Knopf (= Knoten) zu bekommen, wurde mit dem Binogl nachgeholfen. Der Binogl wurde außerdem beim "Arnermarkt" (= Erntedingmark) als Aushängeschild verwendet, wenn man noch keinen "Arnplatz" hatte. Zu diesem Zweck wurde der Binogl, der im Griff oben durchgebohrt war, mit einem "Schnürl" über den Griff des feststehenden Messers angehängt.

        Bemerkt sei hier, daß ein Gulden
        (fl=florensus aureus, Florin) 60 Kreuzer (kr. od. x) hatte,
        1875 die Mark (1 Gulden = 1,71 Mark) ersetzt wurde
        und zu dieser Zeit folgende Preise galten:
        1 Zentner Weizen 8 fl 12 kr
        1 Zentner Gerste 6 tl 48 kr
        1 Zentner Hafer  5 fl 25 kr
        8 - 9 Stück Eier       4 kr
        1 Spanferkel     30 - 40 kr
        1 Pfund Schmalz  14 - 15 kr

Bekannter ist noch das Mähen mit der "Sast", oder "Sänst", oder "Sengst", oder "Sans", oder "Sanst" (= Sense) und dem sogenannten "Wachler", der beim Weizenmähen verwendet wurde.Wachl Beim "Wachler" war am "Sastkniddl" zusätzlich ein Bogen, der mit ""Fejazweigen" (=Felberzweigen) durchflochten war, damit beim Getreidemähen die Halme besser "hingewachelt" (=hingelegt) werden konnten und zum Ausbinden kein "Zwirrat" (=Wirrwarr) ergaben. Zum Schärfen der Sast an der Arbeitssteile diente der "Wetzstoa" (= Wetzstein). Er steckte in einem Behälter "Kimpfe" genannt, der etwas Wasser enthielt. Dem Wasser wurde oftmals Essig beigegeben, dadurch wurde der "Wetzstoa" etwas rauher und damit konnte die stumpfe "Schneid" der Sast besser erneuert werden. Der Kimpfe war aus Erlenholz oder einem Kuhhorn. Er wurde in industrialisierter Zeit auch aus Blech hergestellt. Bei der Arbeit hing der "Kimpfe" am Lederriemen-Gürtel. Während der Brotzeit wurde der "Holzkimpfe", der unten in einer Spitze auslief, in die Erde gesteckt, damit das Wasser nicht ausgeschüttet werden konnte. Das Wetzen wurde oft lautmalerisch sehr exakt und hörbar folgenden Rhythmus gekleidet: "Host a hirte, host a hirte, host a hirte Sast" (= Hast eine harte SenseWetzstoa (Kimpfe)). Im allgemeinen kann man sagen, daß ein guter "Wetzer" meistens auch ein guter "Mahder"(= Mäher oder Schnitter) war. Das Wort "Kimpfe" wurde im übertragenen Sinn auch für eine besonders große Nase gebraucht. So sagt man auch "der hot an ganz schöna Kimpfe im G'sicht!" Mittags und Abends wurde die Schneid der Sast wieder erneuert durch das "Dengeln" (= Hämmern). Auf dem "Denglstog" wurde mit Hilfe des "Denglhamma" die "Schneid" des "Sastbladl" (= Sensenblattes) wieder etwas vorgetrieben, die dadurch dünner und damit auch "schärfer" (=schneidender) wurde.Denglstock Der "Denglstog~ (=Denglstock) besteht aus einem in den Boden eingeschlagenen hölzernen Rundling, in den am oberen Ende das "Denglstögl" eingetrieben wurde. An einer Kerbe des Denglstogs wurde ein Sitzbrettl mit "Fuaß" befestigt. Außerdem ortsfesten "Denglstog~ gab es auch solche, die als Ganzes beweglich waren. Hier war aber der Holzstock größer, um beim "Dengeln" entsprechend "zu ziehen".  Etwa 3/4 Länge des "Sastkniddl" (=ca. 1,2 m) vom Denglstock entfernt stand der "Ständerling". Dies war eine Latte mit einem Fuß (breites Brett), in die im Abstand mehrere , "Nägel" etwa zu 1/4 ihrer Länge hineingeschlagen wurden. Der Standerling diente zum "Auflegen" des Sastkniddls beim Dengeln. So lag die Sense schließlich am "Denglstögl" und der Sast-Kniddl in der dazu passenden Höhe am "Standerling" auf. Die "Denglstög" waren zum Schutz gegen Regen unter dem Vordach oder in der Wagenschupfe untergebracht. Gutes Dengeln war eine besondere "Kunst" und schlechtesWoizauspackln Dengeln oft eine harte Rache. Der Denglhammer hatte meistens einen etwas kürzeren Stiel, und war an beiden Enden flach konisch zugespitzt. Es war der Brauch, daß der "Knet" (= Knecht oder Vorgeher) der "Dirn", der "Anderknecht", der "Anderdirn", der "Drittier" der ""Drittldirn",", der "Arnkarl" (=Ernteknecht) dem "Arnmensch" die Sast "dengelte" und "wetzte". Hier konnte es schon vorkommen, daß dieser oder jener aus Boshaftigkeit die "Sast" schlecht dengelte und auch "wetzte", so daß sie diese am nächsten Tag bei der Arbeit "gscheid" (=fest) "schinden" (= plagen) mußte. Für das Dengeln und Wetzen gaben die Weiblichen früher (vor 1870) ein eigenes Wetzgeld - einen Gulden oder ein seidenes Marktuch, später auch ein Krawattl oder Hemd. War das Mähen schon anstrengend, so forderte das Binden des gemähten Getreides zu Garben ebenfalls viel Schweiß und manch steifes Kreuz. Der Roggen, allgemein als das "Korn" bezeichnet,  Weizen und seltener Hafer, wurden zu Garben gebunden, während die Gerste immer lose hingemäht und eingefahren wurde. War die Arbeit draußen weniger geworden, ging es daheim ans Dreschen und zwar mit demDrischl"Drischl" (=Dreschflegl), die inzwischen nur mehr als Zierstücke in den Wohnstuben zu sehen sind. Bei größeren Bauern dauerte diese Arbeit mehrere Monate. Die dumpfen Schläge waren weit zu hören und kennzeichnend für die Monate November, Dezember und Januar. Der Ausdrusch mit der "Drischl" begann täglich schon lange vor dem "Tagänläuten" so um drei bis vier Uhr früh, beim matten Schein der Stalllaterne, auf der Holztenne des Stadels. Die Getreidegarben wurden aufgeschnitten oder aufgelöst und auf dem ""Tenn" (= Tenne) flach ausgebreitet. Es wurde rechtsseitig nach vorne, auf der linken Tennseite "rückwärts" gedroschen. Jeder Schlag mußte sitzen. Die Dreschflegel wurden nicht einfach auf und nieder geschwungen, sondern an der rechten und linken Körperseite vorbei nach hinten oben, daß sie dann mit Schwung niedersausen konnten. Zu den Taktschlägen mir der "Drischl" hatte man eigene Merksprücherl oder "Drischerlsprücherl" (= Begleittexte), die jeweils so viel Silben zählten, als Personen am Dreschen beteiligt waren, sodaß sich Anlernlinge damit leichter zurechtfanden.

        So hieß der Beitext z. B. bei
        zwei Personen:
        "Au-weh, au-weh"
        "Loß'n aussi, loß'n aussi"
        drei Personen:
        "Bäuerin kocht - Knedl und Kraut",
        "Schind Katz aus"
        "Stich Katz o"
        "Ochsenkopf"
        "trischlagschlong"'
        "Bettstatt stehln", - ,,Bettstatt stehln"
        vier Personen:
        "Rupf glei den Bock, spinn schnell sei Haar"
        "Jog an Hund aus"
        "Katznzipfi"
        fünf Personen:
        "Zwoa Kitzerl, zwoa Bockerl"
        "Schneider treib d' Goaß am Markt"
        "Häng auf und beiß o"
        "Katz hat kan Zipfi"
        sechs Personen:
        "Beim Wirt und beim Becker, da dresch'ns zu sechsta",
        "Mei Muata bacht Kropfa, bald weiza, bald rogga"
        "Ochsenkopf da tritt her" Steig aufö, wirf oba"
        "Katz hat koan Zipfi nett"
        bei acht Personen:
        "Beim Becker, beim Metzger Danks Mensch aufwecke"
        zwölf Personen:
        ""Balika, Balkon, Mai Maut bakt Kropf",
        "bald Weida, bald roch, balika, Balkon".

Der Sachkundige konnte schon von Ferne aus dem Drischltakt, der genau eingehalten werden mußte, erkennen, wieviel Personen an der Arbeit waren. Es war eine Blamage, wenn jemand aus dem Takt kam, und dieser war des Spottes der Leute sicher. Besonders schlimm war es auch deshalb, weil man es ja im ganzen Dorf hörte, wenn man aus dem Takt kam. Man sagte dann: Aha, de "droadsRadanchnd" (droasch oder draschn = dreckeln, murksen) wieda!" Kamen zwei Drescher, a ”Knet" und a ”Dirn" mit den Drischeln aneinander, so tratzte man sie: ”Ihr zwoa past`s af, sonst bleibts es eia Lebtag anananda hänga" (= Ihr beide paßt auf sonst bleibt ihr euer Leben lang aneinander hängen). Machte ein Drescher etwas unsanft mit der Drischl seines Nebenmannes Bekanntschaft, so hatte er zum Schaden auch noch den Spott: ,,Segstas", so hieß es, “grad um den Schlag hat dir der Vada z'weng geb'n, sonst hättst bessa afpaßt" (Siehst du es, gerade um den Schlag hat dir dein Vater zu wenig gegeben, sonst hättest du besser aufgepaßt). Wenn beim Dreschen einem Knecht der ,,Schwenkel" davonflog, so wurde er “gehänselt": “Du paß af, dir wird dei Deandl untrei werdn". Desgleichen bekam auch die Dirn zu hören, wenn ihr dies passierte: “Des Herz von deim Bräutigam wird dir a andre steln." Wenn man mit einer Läge fertig war, so sagte man: “Eitz hamma wieda a Strewe droschn." Die leeren Ähren, das Stroh wurde ausgeschüttet und zu “Schin" (Bündel) gebunden undWindmühle weggetragen. Auch das ausgedroschene Korn räumte man zur Seite. Dann wurde neues Getreide aufgelegt und das Dreschen ging bis Mittag weiter. Nachdem Mittagessen war man damit beschäftigt, das “Dreschat"  (Erdroschene) von der kurzen “Spreu" zu trennen. Man tat dies mit der sogenannten “Radan" (= Reitern). Dies war ein großer, rechteckiger, in weiten Abständen geflochtener niedriger “Korb", oder rundes Sieb, oder auch ein Gestell, auf das ein Gitter gespannt wurde. Und schließlich mit der ““Windmühle",", einem von Hand getriebenen Gerät, das durch Wind und Rütteln das Getreide vom “Ahm", ”Ohm" oder “Am" (= Spelzenspreu) und Unkrautsamen trennte. Ein großer Wandel und eine große Erleichterung in der oft harten und schweren Landarbeit trat ein, als die Sense von “Mäher” (Mähmaschine), Ableger und Mähbinder abgelöst wurde. Nur der träumerische Beschauer der selbst nie diese Arbeit verrichtet hat, kann der RoMähbindermantik des Schnitters sowie des Dreschens nachtrauern. Diese Maschinen wurden zunächst von zwei oder drei Pferden, in späteren Jahren von einem Traktor, gezogen. Beim Ableger wurde das geschnittene Getreide sofort vom Mähbalken durch raffiniert gesteuerte “Flügel", entweder vom ersten, zweiten oder dritten Flügel zunächst auf den Tisch zurückgestreift und dann, wenn der Haufen die gewünschte Garbengröße erreicht hatte, vom vierten Flügel auf den Boden abgeschoben. War der Getreidebestand gut, so konnten die “Flügel" so gesteuert werden, daß jeder oder jeder zweite das Schnittgut sofort auf den Boden ablegte. Diese ungebundenen (=losen) Getreidehäufchen mußten dann von Hand noch zu Garben gebunden werden. Man sparte dadurch das Bindegarn und außerdem war der Ableger billiger als die Mähhinder. Trotzdem wurde dieser in wenigen Jahren wegen der größeren ArbeitserspaKornmandlrnis und Arbeitserleichterung vom Mähbinder abgelöst. Beim Mähbinder wurde das Getreide ebenfalls von einem Mähbalken geschnitten und dann über Plattform, Elevatortücher zum Knüpfapparat geführt und hier zu Garben gebunden und ausgeworfen. Man brauchte also nur mehr die “Mandl” aufzustellen Welch ein großer Fortschritt! Das Dreschen blieb jedoch eine beschwerliche Arbeit. Zwar waren die “Drischl" (= Dreschflegl) längst überflüssig geworden, denn der Hakenzylinder oder die Dreschmaschine hatten sie inzwischen rasch abgelöst, zu groß waren die Vorteile. Die Arbeit kostete aber trotzdem viel Schweiß und war vor allem deshalb gefürchtet, weil man den Staub “haufenweise" in sich “hineinfressen" mußte. Beim Hakenzylinder und später auch bei einigen Dreschmaschinen wurde das Getreide der Länge nach “eingelassen" (= eingegeben) und dasMähdrescher der 1. Generation Stroh mußte mit der Gabel entfernt werden. Um “sauberes", gereinigtes Getreide beim Einsatz der Hakenzylinder zu bekommen, war auch hier noch der Einsatz der sogenannten “Windmühle" erforderlich. Schließlich wurde auch diese Arbeit vom ,,Dreschwagen" mit übernommen. ln dieser Form waren für den Drusch noch mindestens sechs und mehr Leute erforderlich. Nochmals ist die Arbeit wesentlich erleichtert worden, als der Mähdrescher kam. Die Getreideernte ist heute eine Sache der Technik.