Im Gedächtnis alter Menschen haftet noch viel altes Erzählgut, Sagen und Märchen, Geschichten und Schwänke, Moritaten und Legenden. Als Kinder saßen sie einst im Kreise ihrer Familie, der Dienstboten und der zum ,,Hoagartn" versammelten Nachbarn, in der gewärmten Stube, um die von Ahndl und Urahndl aus alter Zeit mündlich überlieferten Geschichten über die Druden und die bösen Geister, über die armen Seelen und feurigen Mannder, über Gaukeleien, Orakel und Mirakel, aus erster Hand zu hören. Kalte Schauer liefen allen über den Rücken, wenn die Sprache aufs ,,Weihezen" kam, wobei Tische und Stühle von selber rückten und der leibhaftige ,,Gottseibeiuns" direkt in ihrer Mitte zu verweilen schien. Das Lebensbild jener Tage war zutiefst vom festen Glauben an das Übernatürliche, an Geister und Hexen geprägt. Nicht umsonst heißt es auf einem Totenbrett bei Arnbruck im Bayerischen Wald: ,,Bilde Dir ja nicht ein, Du wärst allein hier. Man hat auf dieser Welt - Dir Geister zugestellt".
Die Drud Die Menschen wurden des Nachts oft von der ,,Drud" gedruckt, d, h. irgend ein böser Hexengeist legte sich auf die Brust des Schlafenden und drohte, ihm so lange die Luft wegzunehmen, bis er ersticken müsse. Malte aber der Gedruckte mit eigener Hand in einem Zuge an die Hinterseite seiner Bettstell einen “Drud-Haxn" mit fünf Zinken, so war es mit dem Drücken endgültig vorbei. Der Geist hatte ,,fürderhin keine Kraft und Wirkung mehr. Meist kam die “Drud” über einen, der vergessen hatte, vor dem Schlafengehen Weihwasser zu nehmen. Deshalb schärfte man allen Familienmitgliedern stets ein: ,,Vergiß das Weihwasser nicht, sonst kommt die Drud". Die Drud fiel auch Pferde an und quälte sie, so daß sie wild um sich schlugen. Am Morgen aber gab es viel zu Staunen, denn die Drud hatte dem Pferd zwanzig bis dreißig kleine lustige Zöpfe in die Mähne geflochten. Sie ließen sich nur schwer lösen. Das Pferd zeigte deutliche Kampfmerkmale. Aufgeregt und schweißgebadet stand es im Stall. Es gab Menschen, die die Druden bei ihren nächtlichen Erscheinungen zu erkennen glaubten. Fast regelmäßig waren es Nachbarinnen, die schon von der Veranlagung und vom Aussehen her einen Hang zum Bösen zeigten, gerne Verwünschungen ausstießen und Schlechtes prophezeiten, das sehr oft auch eintrat. Sie standen nach dem Glauben des Volkes in irgendeiner Beziehung zum Leibhaftigen, ohne es selbst zu ahnen. Wenn ein von der Drud Heimgesuchter mutig genug war, ihr am Bette zu befehlen: ,,Komm morgen früh um was zu leihen und laß mir jetzt mei' Ruah", dann zog die Drud unverrichteter Dinge ab. Anderntags kam dann tatsächlich eine ältere Frau aus der Nachbarschaft und borgte sich etwas aus, so in einem Falle einen Strick zum Anbinden eines in der Nacht neugeborenen Kalbes und in einem anderen Falle ein Wagscheit, weil das eigene heute früh gebrochen sei. Der Gedruckte erfuhr auf diese Weise, wer ihm den nächtlichen Drudbesuch abgestattet hatte. Das Opfer mußte sich aber hüten, das gewünschte Leihstück herauszugeben. Man hatte eine Ausrede zu gebrauchen, denn nur bei Verweigerung der Hilfe blieb die Drud in Zukunft fern. Wieder andere sagten beim Erscheinen der Drud zitternd ein Verslein auf: “Drud, Du alte, komm in Gottes Gewalt. Komm nicht zu mir, außer es ist der Hl. Johannes der Täufer bei Dir". Dieser Heilige galt als Helfer gegen die Drud, und diese verlor daraufhin alle Gewalt über ihr Opfer. Die Mannerleut gingen in Zeiten, wo es die Druden ganz besonders arg trieben, dazu über, an ihren Betträndern feststehende Messer mit der Schneide nach oben einzustechen, damit die Druden nicht an sie heran konnten.
Feurige Spanferkel Eine mündliche Überlieferung berichtet, daß in manchen Höfen in der Nacht die feurigen Spanferkel herumliefen und ihr Unwesen trieben. Der Lärm sei dabei so groß gewesen, daß niemand im Hause mehr zum Schlafen gekommen sei. Ruhe kehrte erst ein, als durch einen besonders ermächtigten Geistlichen die Teufel aus dem Hofe vertrieben worden seien.
Grenzfrevler Die Grenzfrevler waren seit jeher ganz besonders verabscheut. Im Volksmund ging das Wort um, daß auf die Erde zurückkehren und als “Feuriger Mann" ruhelos den Feldern auf und ab lauten müsse, wer zu Lebzeiten eine Grenze umgeackert oder einen Grenzstein versetzt habe. Gar viele feurige Männer waren noch im 19. Jahrhundert in unseren heimischen Fluren zu sehen. Manchmal gelang es einem feurigen Mann, sich auf das Genick eines einsamen nächtlichen Wanderers zu setzen. Dieser war nicht in der Lage, die Last abzuschütteln und mochte er noch solche Kniffe anwenden. Erst wenn der Wanderer seine Behausung erreicht und einen Seufzer: “Gott sei dank, daß ich daheim bin" ausstieß, sagte der feurige Mann: ,,Vergelt’s. Gott, jetzt bin ich endlich erlöst".
Alter Hexenglaube Der Hexenglaube ist trotz schwerer weltlicher und kirchlicher Strafen nicht aus dem Sinn des Volkes zu bannen. Die mittelalterlichen Ereignisse um die Hexenverbrennungen sind noch nach Jahrhunderten tief verwurzelt. Ein nächtlicher Wanderer, der aus Straubing kommend heimwärts zog, konnte eine vor ihm gehende alte Frau nicht einholen, obwohl er sein Schrittempo laufend steigerte. Ging er aber langsam, verlangsamte auch das gehende Wesen sein Tempo. In einer Wegkurve schien der Mond besonders hell, und da sah der Wanderer, daß die Gestalt vor ihm langes wallendes und wild zerzaustes Haar trug, wie es Hexen zu allen Zeiten getragen haben. Sie verschwand in einer Hütte, in der eine böse Frau hauste, die von allen Menschen gemieden und allgemein als ,,die Hex” bezeichnet wurde. Ein allzeit durstiger Mann, der das Wirtshaus sehr viel mehr liebte als sein Zuhause, bemerkte um drei Uhr morgens auf seinem Heimwege kurz vor seinem Hause den Weg durch eine Mauer versperrt. Auf einem Baum am Straßenrand gewahrte er im Mondschein auf dem untersten Ast einen schwarzen Schatten. Der Heimkehrer dachte an den Leibhaftigen und bekam es mit der Angst zu tun. Schnell schwor er ein Gelübde. Daraufhin verschwand der Schatten auf dem Ast und auch die Mauer war plötzlich nicht mehr zu sehen. Nur ganz abscheulich nach Schwefel hat es an dieser Stelle gestunken. Ein anderer nächtlicher Heimkehrer, der im dichten Schneetreiben ein Licht vor sich sah und weit ausholte in der Hoffnung, nun einen Begleiter für den Heimweg zu haben, konnte diesen einfach nicht einholen. Der Weg erschien immer länger und beschwerlicher. Von Fall zu Fall wunderte er sich, daß immer mehr Fußspuren im Schnee zu erkennen waren. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und Angst und Zweifel quälten ihn. Als endlich der Morgen zu grauen begann, erkannte er, daß das Licht ihn genarrt und ihn stundenlang im Kreise um ein großes Feldkreuz geführt hatte. Junge Mädchen mit heißem Blut, die leichtsinnige Liebesabenteuer riskierten, konnten auf nächtlichen Heimwegen immer wieder erleben, daß alle paar Minuten ein kleines schwarzes Hunderl über ihren Weg lief. Sie bekreuzigten sich daraufhin und murmelten Stoßgebete. Das kleine schwarze Hunderl soll der Leibhaftige gewesen sein.
Die arme Seele Die menschliche Seele ist unsterblich. Die unsterbliche Seele aber mußte oftmals auf die Erde zurückkehren und Sünden abbüßen. Sie erschien dann nächtlichen Wanderern als Lieht in der Finsternis. Der Wanderer fragte das Licht: “Ich und Du und alle guten Geister loben den Herrn - was ist Dein Begehrn”? Befand sich ein Wagemutiger auf nächtlichem Wege, der nicht Tod und Teufel fürchtete, so ließ er sich von dem Licht den Weg weisen. Wenn er sich dann am Ziel mit einem “Vergelt’s Gott für die Müh” bedankte, dann hat das Licht geantwortet: “Gott sei Dank, jetzt bin ich endlich erlöst". Daraufhin ward das Licht nie mehr gesehen. Nach altem Volksglauben konnte die arme Seele im Fegfeuer erst erlöst werden, wenn jemand ihr ein Vergelts-Gott gesagt hatte. Die Mutter sagte zu den Kindern: ,,Einen glimmenden Kerzendocht sollte man nicht ausdrücken. Er glüht oft nur deswegen so lange nach, weil die mit seinem Erlöschen erlöste arme Seele noch nicht ganz rein sei, und noch eine kleine Weile das Reinigungsfeuer erdulden müsse. Genauso dürfe ein Messer nicht mit der Schneide nach oben gelegt werden, denn darauf müßten die armen Seelen knien. Zu einem schwerkranken Mädchen wurde der geistliche Herr gerufen. Der Tod aber war schneller. Als der Pfarrherr über die Schwelle trat, ging der Tod eben heraus, das leblose Mädchen in seinen Krallen. Noch monatelang nach diesem Todesfall war vor dem Hause jede Nacht ein großes Weinen und Wehklagen zu hören, ohne das jemand zu sehen gewesen wäre. Die Eltern glaubten, daß ihr Kind wegen der verabsäumten Spendung der Sterbesakramente im Fegefeuer schwer zu büßen habe und wollten ihm helfen. Aber niemand wußte Rat. Schließlich gebot der Pfarrherr, die Mutter möge zu einem mir höheren Gewalten ausgestatteten Geistlichen gehen und bei ihm eine Anzahl von Messen einschreiben lassen. Daraufhin ist die arme Seele des Mädchen endlich erlöst worden und das Wehklagen wurde nie wieder gehört.
Der Weltuntergang 999 In einem Zeitungsbericht von 1955 über alte Aufzeichnungen einer Pfarrei im Landkreis stand zu lesen ,,In nicht geringe Aufregung hat das Jahr 999 die Menschen unserer Gegend versetzt. Man glaubte einem Propheten, der mit dem Ende des ersten Jahrtausends den Weltuntergang vorausgesagt hatte. Alles zitterte in Furcht dem jüngsten Gericht entgegen. Um die Seelen zu retten, verkauften oder verschenkten viele ihren Besitz. Andere wieder verpraßten ihr gesamtes Hab uns Gut. Einzelne begingen Selbstmord, weil sie dieses schreckliche Weltende nicht erleben wollten. Die Kirchen wurden dicht gefüllt und das Rufen um ein gnädiges Gottesgericht nahm hysterische Formen an. In der Sylvesternacht von 999 auf 1000 gab es keinen schlafenden Menschen. Die Unruhe und das Weinen und Wehklagen steigerten sich um Mitternacht zur Ekstase. Als aber am Morgen des neuen Jahrtausends die Sonne zur gewohnten Zeit und an der selben Stelle über dem Horizont erschien, getreu dem jahrmillionenalten Gesetz des Schöpfers, ging ein freudiges Aufatmen und Flohlocken durch die Reihen der sich langsam von dem Schrecken des jüngsten Gerichts erholenden Menschheit. Das Schicksal des falschen Propheten ist nicht überliefert. Die anderen aber, die ihren Besitz verpraßt oder verschenkt hatten, machten betretene Gesichter.”
Hinrichtungsstätten Schauerliche Geschichten ranken sich um die alten Hinrichtungsstätten. Obwohl Flauen und Kinder zu Dutzenden in Ohnmacht fielen, wenn sie dem gruseligen Schauspiel beiwohnten, brachte ihre Neugier es nicht übers Herz, öffentlichen Hinrichtungen fernzubleiben. So wird von einem höhnisch zur Richtstätte Schreitenden erzählt, daß er als letzten Wunsch äußerte min möge ihm Grüße zum Herrn Teufel mitgeben, er werde sie in den nächsten fünf Minuten beim Bösen persönlich bestellen. Ein anderer bat sich als letzten Wunsch aus, seinen drei Richtern in das Gesicht spucken zu dürfen. Da der letzte Wunsch des Delinquenten altem Herkommen gemäß nicht versagt werden durfte, mußten die drei hohen Herren diese Prozedur über sich ergehen lassen.
Wo der Regenbogen ... Die Mutter erzählte ihren Kindern, daß an der Stelle, wo der Regenbogen aufgeht, eine Schüssel voll von Gold stehe. Und obwohl die Kinder alles versuchten und sich beim Lauf über Stock und Stein die Füße fürchterlich zerschunden, haben sie es bis heute nicht geschafft. den Platz, wo der Regenbogen aus der Erde wächst, zu erhaschen. Die Schüssel vollen Goldes wäre immer noch zu haben.
Neid Der Neid ist etwas Häßliches, und die Neider sind nach altem Volksglauben böse Menschen, denen die Gabe eigen ist, durch Verwünschungen Unglück über Haus und Hof zu bringen. Bekamen Bettler oder Zigeuner nicht die erwartete Gabe, so stießen sie Verwünschungen und Verfluchungen aus. Das gleiche aber taten böse Nachbarn und Nachbarinnen, wenn sie der Neid plagte. Fast folgerichtig stellte sich dann das Unglück ein. Krankheiten, Brände, Unglück im Stall und Mißernten waren die Folge. In ihrer Not machten der Hausvater und seine Flau dann eine Wallfahrt zu den Patres nach Schweiklberg. Dort trafen sie auf einen mit besonderen Kräften ausgestatteten Pater. Er trieb aus der Ferne den Teufel aus Haus und Hof und bei der Familie kehrten wieder Glück und Gottes Segen ein. Hinweis: Zum Teufelaustreiben waren nur bestimmte geistliche Kraft besonderer kirchlicher Vollmacht berechtigt.
Magische Kräfte Die magischen Kräfte alter Zigeunerinnen waren bei den Dörflern gefürchtet. Keiner nahm gerne die Dienste des Handlesens in Anspruch und reichte lieber freiwillig eine Gabe, um ja nicht mit Verwünschungen und Verfluchungen bedacht zu werden. Gab es aber Streit und die Zigeunerin hängte den Bann über die Familie, dann war es mit dem Glück im Haus und Hof vorbei. Nicht selten nahm die Abgewiesene auch direkt Rache und setzte dem Bauern den Roten Hahn auf das Dach. In verschiedenen Familien hat sich bis in das 20. Jahrhundert der Brauch erhalten, daß der Hausvater unter Anrufung aller Heiligen Weihwasser im ganzen Hause verspritzte, wenn eine alte, bei ihm zugekehrte Fremde fortging, damit dem Haus und der Familie nichts Böses geschehe.
Bettler-/Gaunerzinken (Zigeunerzinken) Oft fand man an Scheunen, Türen und Toren geheimnisvolle Kreidezeichen, von unbeholfener Hand angeschrieben. Vielerorts wußten die Einwohner mit diesen Schnörkeln nichts anzufangen und hielten sie für das Gekritzel von Kindern. In Wirklichkeit handelte es sich um Bettler- und Gaunerzinken, bei uns Zigeunerzinken genannt. Es war eine eigenwillige, nur den Galgenvögeln landauf landab geläufige Zeichensprache. Sie gab Aufschluß, wie der Hof und seine Bewohner einzuschätzen seien, wie die Sicherungen beschaffen sind, und wie man auftreten soll. Die Zinkensprache und ihre Deutung sind nachfolgend dargestellt.
Die Räuberhöhle auf dem Himmelberg Um die Jahrhundertwende hielt sich hier ein eigenartiger Mann versteckt. Von der einheimischen Bevölkerung, von Wanderern, Feriengästen und auch von Schulklassen wird die Höhle des Räubers Urban auf dem Himmelberg gerne besucht. Auch laden die weiten Wälder des Himmelberges im Sommer zum Beeren- und Pilzesuchen ein. Um die Jahrhundertwende hauste auf dem Himmelberg in einer Felsenhöhle der Räuber Urban. Die Höhle aus Stein war im tiefsten Dickicht verborgen und schwer zugänglich. Niemand wußte - auch nicht der Besitzer des Waldes, daß sich in dieser Höhle schon lange der von den Gesetzeshütern gesuchte Räuber versteckt hielt. Er hatte es hauptsächlich auf Geld, Schmuck und auf die zu seinem Lebensunterhalt benötigten Eßwaren abgesehen. Aus dem bescheidenen Schlafkämmerlein des Sägschneiders von der nahegelegenen Kölburg-Säge entwendete er jeden Herbst ein Bett und einen kleinen Ofen, im nächsten Frühjahr brachte er dann alles wieder korrekt zurück. Armen Leuten stahl er nichts, ebenso ließ er die nähere Umgebung ungeschoren. Öfter trat er in einer entwendeten Uniform eines Gemeindedieners auf. Deshalb entkam er immer wieder der Polizei. Aber er wurde trotzdem festgenommen. Einige Jahre saß Urban im Gefängnis. Nach seiner Freilassung hat min ihn in dieser Gegend nicht mehr gesehen. Die Höhle aber gibt es noch immer, sie ist ein beliebtes Wanderziel. An klaren Tagen herrscht eine herrliche Fernsicht auf die Kette der Bayerwaldberge, vom Hohenbogen bis zum Arber, dem König des Bayerischen Waldes.
Das Kreuz am Auweiher Es war einmal in der Brauerei zu Gossersdorf ein Bierführer, der war so jähzornig, daß niemand mit ihm zu tun haben wollte. Er hatte schwarze Haare und schwarze Augen, fluchte den ganzen Tag, so daß ihm jedermann aus dem Wege ging. Einmal war er in Konzell beim Kirchweihmarkt und auf dem Heimweg erdrosselte er sein Mädchen und warf die Leiche in den Auweiher. Niemand wußte wo das Mädchen hingekommen war Bald darauf mußte er eine Fuhre Bier in ein weit entferntes Wirtshaus fahren. Es war schon spät nachts, als er am Auweiher vorbeikam. Da blieben plötzlich die Pferde stehen. Auf dem weg von Konzell herab und über die Mooswiesen her kamen weiße Gestalten mit wehenden Schleiern auf das Fuhrwerk zu. Der Bierführer fluchte gotteslästerlich und schlug mit der Peitsche auf die Pferde ein, diese aber wichen mit gesträubten Mähnen zurück. Der Beifahrer, ein junger Bub, sprang herab und fing zu beten an. Der Bierführer aber stach mir dem Messer auf die Pferde ein. Da stiegen diese kerzengerade in die Höhe und rasten über den Wütenden hinweg, der blutüberströmt liegen blieb. Die Nebelfrauen aber standen rings im Kreise und aus dem Weiher tauchte die Gemordete auf und kam auf den Sterbenden zu. Da schrie dieser seine Schuld mit letzter Kraft heraus und starb. Da verschwanden die Geister, der Bub aber eilte zitternd Heim und erzählte alles. Da holte man den Toten, ließ den Weiher ab und fand auch die Leiche des vermißten Mädchens. An der Stelle, wo dies geschah, errichtete man ein Kreuz als Mahnmal.
Die Totengasse Vor vielen hundert Jahren kam eine Schar fremder Soldaten ins Dorf Konzell Die Dorfbewohner taten alles, um die Soldaten zufrieden zu stellen. Sie hofften dadurch vor Plünderungen verschont zu bleiben. Als aber die Soldaten sich wieder zum Abzug rüsteten, mußten die Konzeller zu ihrem Sehrecken erkennen, daß sie sich getäuscht hatten. An mehreren Orten zugleich brach Feuer aus und die Soldaten nahmen noch alles mit sich, was ihnen des Mitnehmens wert war. Als sie aber schwerbepackt durch die enge, beiderseits mit dichten Hecken verwachsene Gasse im Osten des Dorfes abziehen wollten, fanden sie die Gasse am unteren Ende durch einen Verhau gesperrt. Wütend kehrten sie um. Aber als sie oben ankamen, war dort auch die Gasse verrammelt und von allen Seiten wurden nun die Soldaten mit Steinen beworfen und mit Mistgabeln und Sensen bearbeitet. Wenn einer die Hecke durchbrechen wollte, wurde er von den wütenden Dorfbewohnern mit Messern erstochen oder mit Knüppeln totgeschlagen. So ging es fort, bis alle Plünderer tot waren und keiner Kunde von dem furchtbaren Blutbad geben konnte. Die Toten aber wurden an Ort und Stelle unter den Hecken verscharrt. Seit jener Zeit heißt die Gasse im Volksmund nur mehr die Totengasse.
Das Irrlicht Zu jener Zeit, als in Sicklasberg noch eine Hofmark war, gehörten zu dieser auch noch Burgstadl und Hof, die heute noch so heißen. Oberhalb Hof war ein großer Tiergarten und ganz oben eine Art Vogelfarm. Heute noch heißen die Fluren Tiergarten und Vogelsang. Das wäre nun alles ganz schön gewesen, aber der Grundherr war ein gar strenger Herr und wehe, wenn er einen seiner Untertanen beim Fischfang am Teich oder beim Wildern im Tiergarten oder im Hochholz ertappte oder ihm dies von seinen Dienern gemeldet wurde. Die Frevler ließ er im Weiher ertränken oder mit Prügeln totschlagen und neben dem Wege verscharren. Als Strafe für seine Urraten muß er an den jeweiligen Todestagen mit der Laterne den Weg entlang das Opfer suchen. So sieht man in mancher Nacht das Irrlicht den Hochholzweg entlang gehen.
Die Stimme vom Altar sagte: ,,Geh nach Rom” In alter Zeit, als in Deutschland durch verheerende Krankheiten und Kriegswirren große Not herrschte, war die Kirche auf dem Gallner so verwahrlost, daß sie als Schafstall verwendet wurde. Nun diente beim Gallnerbauern zu dieser Zeit ein Hirtenknabe, der sehr frommen Sinnes war. Diesem tat es weh, daß das uralte Gotteshaus so erniedrigt wurde. Als er die Schafe wieder einmal in die leere Kirche trieb, hörte er vorne, wo der Altar gestanden, eine Stimme: “Geh nach Rom!” Der Knabe verließ den Gallnerbauern und pilgerte in die ewige Stadt. Ein Mönch sah ihn in einer großen Kirche andächtig beten. Da nahm er den Beter mit sich und führte ihn in ein Haus in welchem fremde Knaben zu Priestern erzogen wurden. Der Hirtenknabe ward ein Priester, stieg empor bis zum Kardinal und mußte zuletzt als Papst Sixtus das Schifflein Petri lenken. Zur selben Zeit erging von Rom eine Anfrage an den Bischof von Regensburg, wie es mit der Kirche auf dem Gallner stehe.Da wurde diese würdig wiederhergestellt und als Papst Sixtus nach seinem Tode heilig gesprochen wurde, ward ihm die Gallner Kirche als ihrem Schutzheiligen geweiht. Seine Statue steht auf dem Hochaltar.
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